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Entstehungsgeschichte

Die Gründung der ASPr-SVG – der 2. Weltkrieg als Geburtshelfer

Bis zur Gründung der Association Suisse des Paralysés A. S. Pr. am 1. September 1939 bildete die Schweiz nur eine Sektion innerhalb der französischen Organisation Association des Paralysés de France A. P. R. 340 Mitglieder zählte diese Sektion.

Gründungsprotokoll französisch
Protokoll 2. Generalversammlung deutsch

Die Gründung der ASPr-SVG – der 2. Weltkrieg als Geburtshelfer

Lausanne ist die Geburtsstadt der ASPr-SVG. 1927 weilte der junge Franzose André Trannoy zum ersten Mal im dortigen, weltbekannten orthopädischen Zentrum, um seine an Poliomyelitis erkrankten Gliedmassen und den Rücken zu kurieren. Die dort geknüpften Bekanntschaften wollte er aufrechterhalten und rief mit drei weiteren Franzosen die ersten Schreibgruppen ins Leben, «Les Cordées (die Seilschaften)». Auf diese losen Korrespondenzgruppen folgte 1932 in Lausanne die Gründung der A. P. R. française («Association des Paralysés et Rhumatisants», je nach Quelle auch A. Pr. oder AP) durch vier junge, gelähmte Franzosen, die im sogenannten «Institut Nicod» in Behandlung waren. Die Bewegung dehnte sich auf das Hospice Orthopédique aus, erste Schweizer Mitglieder traten bei (5 von 17 im September 1932 stammten aus der Schweiz). 1933, nach der Rückkehr in die Heimat, wurde die A. P. R. offiziell eingetragen. Ihr erster Präsident und Motor war André Trannoy. Seine Beweggründe: Die Behinderten aus der Isolation reissen, ihnen Perspektiven zeigen, angepasste Wohnsituationen ermöglichen, die Selbsthilfe fördern. Ab 1934 war die Schweiz eine Sektion der A. P. R., welche sich heute APF, «Association des Paralysés de France» nennt.

Lagerabbruch und Neugründung

Schon 1938 im Feriencamp von Grandchamp stand die Eigenständigkeit der Schweizer Sektion zur Debatte. Die Frage wurde auf Anraten der französischen Kollegen aber vertagt. 1939, im mythischen Ferienlager von Vaumarcus, am Ufer des Neuenburgersees, mit Teilnehmern aus Frankreich und der Schweiz, überschlugen sich die Ereignisse. Was als fröhlicher Aufenthalt geplant war, entwickelte sich zu einer ernsten Angelegenheit. Am 18. August 1939, wenige Tage vor Ausbruch des 2. Weltkrieges mit dem deutschen Einmarsch in Polen am 1. September, beschlossen die Schweizer den Alleingang. Es wurde befürchtet, dass ein eiserner Vorhang zwischen den beiden Ländern gezogen würde. Weiter wurde nun notfallmässig umgesetzt, was schon seit langem notwendig war: Die Gesetzgebung, die Einrichtungen, ja sogar die Selbsthilfe an sich, erforderten in der Schweiz eine differenzierte Herangehensweise. Auf dem Bett liegend, voll bekleidet, diktierte der Präsident spätnachts die Statuten für die Schweiz.
Kaum war das «Protocole d’alliance» unterschrieben und die Tinte trocken, hatte der Krieg begonnen. Das Ferienlager wurde nach acht Tagen abgebrochen und die Schweiz in die Unabhängigkeit entlassen. Die Association Suisse des Paralysés et des Rhumatisants A. S. Pr. (heute ASPr-SVG) – mit Untertitel «Amicale des Déficients de la Motilité» (Motilité = Fähigkeit zur aktiven Bewegung) – und damit eine der ersten Schweizer Selbsthilfeorganisationen, war geboren. Christobel Faulhaber, später Renaud, hiess die erste Präsidentin. Schon seit 1932 war sie beauftragt, in der Schweiz ein Netzwerk mit körperlich behinderten Menschen aufzubauen – gleichzeitig präsidierte sie die Schweizer Sektion. Die anderen Gründungsmitglieder der ASPr hiessen André Trannoy, Clo Lamborot und Ena Williams, welche später wieder in ihre englische Heimat zurückgekehrt ist. Der erste Mitgliederbeitrag betrug 2 Franken für Aktiv-, 4 für Passivmitglieder.

Aktivmitglieder am 1. September 1940:

  • Waadt 79
  • Bern 36
  • Neuenburg 31
  • Genf 15
  • Zürich 8
  • Luzern 8
  • Freiburg 7
  • Wallis 6
  • Basel 3
  • St. Gallen 2
  • Graubünden 1